Marbled Blue Vinyl

Thursday, April 20, 2006

Primal Scream - XTRMNTR

Primal Scream - XTRMNTR

(2000 / Creation Records / 2 x 12" Vinyl)

Es gibt Bands, denen nimmt man einfach so gut wie gar nichts übel, die kommen ihr Leben lang mit allem durch und müssen sich für nichts rechtfertigen. The Fall z.B. haben seit 30 Jahren einen ähnlichen Sound, man muss die Unterschiede schon mit der Lupe suchen...aber man will doch auch gar keine andersklingende Fall-Platte, oder?! - weiter so Mark! Im Normalfall läuft es allerdings so: Nehmen wir mal an, eine Band steht kurz davor nach 2 relativ gleichförmigen Alben ihre dritte Platte zu veröffentlichen. Die Presse schreit nach Veränderung, nach Weiterentwicklung - die Fans wollen natürlich noch mehr Hits und müssen bei Laune gehalten werden (derzeit in dieser Situation: u.a. Interpol, Franz Ferdinand). Die Lösung dafür ist dann leider meistens die einfachste; "Naja, machen wir halt n bischen was elektronisches mit rein!". Und so darf man sich in Interviews später verteidigen: "Wir sind mit unserem dritten Album viel elektronischer geworden - ein mutiger Schritt!". Hm. Primal Scream hingegen ist eine Band, die sich nie davor gescheut hat, ihren ganzen Sound umzustülpen und auch nach todsicheren Hitalben das auszuprobieren, was niemand erwartet hätte. Und auch die Sache mit der Elektronik nehmen sie etwas ernster. Sie belassen es nicht dabei, ein paar niedliche Drum Patterns und das gelegentliche Puckern eines Synthies zwischen die Songs zu kleistern sondern schaffen es tatsächlich als eine der wenigen Bands überzeugend, Elektronik und Rock lückenlos zu verschmelzen.

Seit XTRMNTR sind Primal Scream nun auch noch zur Indie-Supergroup geworden: Mastermind Bobby Gillespie hat Anfang der 80er den Jesus and Mary Chain-Klassiker Psychocandy eingetrommelt, Bassist Mani brachte bereits die Stone Roses mit seinen Trademark-Basslicks in die Charts und Produzent/Livegitarrist Kevin Shield war Frontmann der vergötterten Noisetruppe My Bloody Valentine (die Creation Records mit ihrem letzten Album Loveless fast ruiniert hätten - umso ironischer, dass er jetzt quasi wieder da unter Vertrag steht!). Dass diese Band aber trotz diesem Line up und unzähliger Hits (besonders zu Screamedelica-Zeiten) niemand so richtig auf dem Schirm hat, liegt wohl vorallem an ihrer radikalen Einstellung. Gillespies politische Statements und sein ausufernder Drogenkonsum (derzeit ungefähr der Stil: zahnloser Ex-Junkie) taugen eben nicht für ein Image als Everybodys Darling. Die Verbindung all dieser Extreme, die Radikalität und die Kreativität der 3 erwähnten Mitglieder ist es, die XTRMNTR (sprich: Exterminator) schließlich ausmacht. Lange Zeit war es für mich das Album, welches man unter keinen Umständen in einem Rutsch durchhören kann. Das liegt natürlich erstmal an der unheimlichen Reizüberflutung die einen bei den ersten Durchgängen ereilt - überall fiept es, Tonnen von Noise und Sequenzern begraben den Gesang, meist spielen ein Live-Schlagzeug und eine Drummachine parrallel verschiedene Beats. Und wird im Opener Kill all Hippies (Hit!) noch kultiviert Schicht auf Schicht gelegt, fällt das folgene Accelerator mit der Tür ins Haus und ist einfach nur mal laut. Wieviele Gitarrenspuren da wohl übereinandergelegt wurden? Swastika Eyes (auf der deutschen Veröffentlichung: War Pigs...) wird zum siebenminütigen Acid-Rave und...zum Hit! Pills spielt mit Einflüssen von OldSchool-HipHop, mit Keep Your Dreams wirds etwas beschaulicher (später großartig kopiert auf ihrem nächsten Album Evil Heat als Space Blues #2). Die drei Fast-Instrumentals Shoot Speed Kill Light, Blood Money und MBV Arkestra (steht MBV eigentlich für My Bloody Valentine?) rauben einem schließlich gänzlich den Atem und machen klar, was hier eigentlich für unglaubliche Musiker und Komponisten am Werk sind (und natürlich wie gut Kevin Shields der Band tut!). XTRMNTR ist einfach ein unglaublich lautes und tanzbares, begeisterndes Werk. Und man muss es auch mal würdigen: Mani streut hier dermaßen simple aber griffige Basslines ein, die durchaus an seine Arbeiten mit den Stone Roses anknüpfen, und bereichert damit den Sound von Primal Scream unheimlich. Dieses pointierte Spielen ist einfach mal eine Klasse für sich - ganz toll! Einziger Wehrmutstropfen: Der Remix von Swastika Eyes der Chemical Brothers, der hätte einfach mal nicht sein müssen. Sie machen sich den Song zwar durchaus zu eigen, aber besonders erhellend ist das im Albumkontext nicht. Auch dass das tolle (wenn auch eher auf Give out but dont give up passende) I'm five years ahead of my time es nicht auf die UK-Version von XTRMNTR geschafft hat ist ein bischen schade. Das alles hindert mich aber nicht daran (schon wieder!) die Höchstwertung zu vergeben.

Das Album kommt im breiten Pappschuber, auf doppeltem schwarzen Vinyl und mit bedruckten Innersleeves. Da ich das Artwork zwar immer faszinierend aber nie besonders schön fand wirds leider nichts mit der Höchstwertung. Schön allerdings das Dylan-Zitat "They keep it all hid" (aus Subterrenean Homesick Blues), das sich zwischen einigen morseartigen Zeichen auf einem Sleeve versteckt. Naja man hat sich schon Mühe gegeben. Die Platte scheint überdies ziemlich rar zu sein - hab sie damals eher zufällig als Sammelanfänger auf einer Plattenbörse gefunden und sie als eines der ersten Schätzchen ins Regal gestellt. Naja ich würde sagen, hier verdient sich XTRMNTR schließlich...

Rating - 10 / 10
Vinyl-Rating - 7,5 / 10

- CGV -

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